Sehr geehrter Herr Geheeb, lieber Jürgen Wenzel, liebe Freunde aus Leutenberg, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
in unseren Familien, Vereinen und Betrieben feiern wir einen 25. Jahrestag ganz selbstverständlich mit Freude und Stolz. Heute haben wir einen Anlass zum öffentlichen Feiern. Der 25. Jahrestag der deutschen Einheit, an dem wir mit einem äußeren Zeichen unsere Verbundenheit ganz besonders mit den Menschen in unserer Partnerstadt bekräftigen, ist ein ganz besonderer Feiertag. Ein Glückstag für unser Land.
Seit dem staatsrechtlichen Vollzug der deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 können wir Deutschen unseren Weg gemeinsam gehen.Das waren damals aufregende Tage. Auch wir in Hochspeyer haben seinerzeit den „Atem der Geschichte“ gespürt. Heute blicken wir zurück auf Erreichtes: froh, stolz, aber auch nachdenklich. Stolz sind wir zuallererst auf die Kraft der Menschen im Osten Deutschlands, auf ihren mutigen Kampf für Freiheit und Demokratie. Ihre friedliche Revolution hat das Ende der kommunistischen Diktatur erzwungen, die Einheit möglich gemacht und Demokratie entstehen lassen.
Nicht die Mächtigen waren es, die diese Revolution zu Wege brachten. Ganz im Gegenteil. Einige unserer führenden Politiker haben noch 1988, ja sogar noch im Sommer 1989, die Wiedervereinigung als Illusion bezeichnet. Nein, die Menschen, der Bürgermut von zigtausenden haben der Politik den Weg gewiesen. Wie die biblischen Trompeten von Jericho haben die Rufe „Freiheit“ und „Wir sind das Volk“ die Mauer, die scheinbar unüberwindbare Grenze, zum Einsturz gebracht. Allerdings sind nach dem Mauerfall, und das bleibt einer der bitteren Anfangsfehler, viele dieser mutigen Kämpfer nicht mehr zu Wort gekommen.Aber sind wirklich alle trennenden Grenzen gefallen?
Auf dem 48. Deutschen Historikertag, der vom 28. Sept. bis 01. Oktober 2010 stattfand, wurde unter dem Motto „Über Grenzen“ dazu viel Nachdenkenswertes erörtert. Auch heute sehen wir in den katastrophalen Krisen, wie beim Euro oder, ganz aktuell, in der Flüchtlingspolitik, dass ungelöste Anfangsfehler später schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Manches wächst sich nicht einfach aus! Insgesamt freilich dürfen wir feststellen: Die deutsche Vereinigung und der „Aufbau Ost“ gehören zu den großen und beeindruckenden Leistungen des 20. Jahrhunderts. Und das in vielen Bereichen, angefangen beim Neuaufbau der demokratischen Strukturen auf der kommunalen Ebene und der öffentlichen Infrastruktur bis zur Gestaltung der Kommunen. Ich sage das gerade als Bürgermeister. Denn zu dem, was da an der Basis aufgebaut wurde, haben ganz wesentlich die Kommunen beigetragen, nicht zuletzt mit Hilfe der Partnerschaften. Unsere Verbindung mit Leutenberg besteht nun seit mehr als 23 Jahren. Seit dem wir verpartnert sind, haben wir erfahren: Wo Begegnung ist, wächst Verständnis; wo Verständnis ist, wächst Freundschaft und wo Freundschaft ist, wächst Frieden.
Persönliche Begegnungen, wie sie seit August 1991 zwischen Personen, Familien und Vereinen aus Hochspeyer und Leutenberg gepflegt werden, tragen ganz wesentlich dazu bei, dass Frieden und Freiheit ein fester Teil unserer deutschen Wirklichkeit geworden und geblieben sind.
Die Urkunde vom 16. März 1992, die unsere Partnerschaft schriftlich besiegelt hat, dokumentiert den Wunsch, die Verbundenheit zwischen den beiden Kommunen zu pflegen und zu festigen. Heute können wir sagen: Das ist zwar gelungen – aber es geht auch noch etwas mehr….
Stärken doch Partnerschaften das Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen Bürgern, Gemeinschaften und Städten. Dadurch wird Identität gestiftet. Womit man sich identifiziert, dafür ist man auch bereit, sich zu engagieren und Verantwortung zu übernehmen.
Vor allem zeigt sich immer wieder: Wir wollen etwas miteinander zu tun haben; wir sind uns gegenseitig nicht gleichgültig. Wir wollen pflegen, was uns verbindet, und gemeinsam aufarbeiten, was uns aus der Vergangenheit trennen könnte. Und diesen Weg, das ist mein persönlicher Wunsch an Sie, Herr Geheeb, sollten wir auch weiterhin gemeinsam gehen. Wir Hochspeyerer stehen dazu und dokumentieren dies gerne sowohl den Menschen, die durchreisen, als auch denen, die hier leben.
Als weiteres äußeres Zeichen unserer Freundschaft hat der Ortsgemeinderat Hochspeyer auf meine Anregung hin einstimmig beschlossen, Ortseingangsschilder dieser besonderen Art aufzustellen. Jeder der, wo immer auch herkommend, in unseren Ort fährt, erkennt die Verbundenheit zwischen Schiefer aus Thüringen und einem Metall, das in unserer Gegend gewonnen und verarbeitet wurde. Dieses Ortseingangsschild, sicherlich das Prägnanteste, ist mit dem Leutenberger Platz fest verbunden und durch die dezente Beleuchtung auch nachts erkennbar.
Für die förmliche Enthüllung haben Sie, Herr Geheeb, als amtierender Bürgermeister von Leutenberg, und ich gerade diesen „Tag der deutschen Einheit“ gewählt. So wie es gerade an diesem Tag gilt, denen „Danke“ zu sagen, die mit ihrem Engagement dafür gesorgt haben, dass wir heute in Freiheit zusammen sein können, so bedanke ich mich bei denen, die sowohl im Ehrenamt, als auch im Hauptamt, die Materialien ausgesucht und zu einem Gesamtwerk zusammengefügt haben.
Stellvertretend für Alle, die an der Beschaffung des Steines aus den Schiefergruben in Unterloquitz bei Leutenberg beteiligt waren, bedanke ich mich ganz herzlich bei einem der „Männer der ersten Stunde“, bei Dieter Ludwig, der immer da ist, wenn er gebraucht wird. Vielen Dank auch an Mathias Müller, den Geschäftsführer des Hochspeyerer Unternehmens Jakob Fischer Nachfolger, der den Transport nach Hochspeyer übernommen hat, sowie an Manuel Rummler, der verwaltungsseitig für die Bauabwicklung verantwortlich war.
Klar sollte für uns Alle sein, dass Dokumentationen allein nicht ausreichen, sondern kommunale Freundschaften auch gepflegt werden müssen und immer wieder der Begegnungen und neuer Initiative bedürfen. Partnerschaften wie unsere, müssen von vielen Menschen und Vereinigungen getragen werden, um lebendig zu bleiben.
Im Zusammenhang mit Partnerschaften habe ich bei der Vorbereitung unseres Zusammenseins diesen interessanten Satz gelesen: „Ein Weg, der nicht immer beschritten wird, wächst zu und verschwindet“.
Lieber Amtskollege, meine Bitte an Sie ist:
Lassen Sie uns die Wege zueinander möglichst oft beschreiten, sie erhalten und ausbauen. Ich freue mich, auf die Stunden, die wir zusammen vor uns haben.